Atraments. Under den gemeldten Stücken aber
behelt das Eisen den Vorzug und das Primat, darnach der Salniter und Vitriol in
gleichem Gehalt, letzlich der roth Atrament oder roth Bergschweffel“. Nach dem 37. Kapitel werden die außergewöhnlich guten
Eigenschaften des Sauerbrunnens aufgeführt:
„Er eröffnet die Verstopfungen
der inneren Glieder, kompt zu Hülff den Lebersüchtigen und Miltzsüchtigen,
sterckt den blöden, schwachen Magen, verzehret alle böse Feuchtigkeiten
(Inkontinenz)und Fäulnuß, mildert und ändert die hitzige Entrichtung der Leber
und aller innerlicher Glieder, kompt zu Hülff allen faulen Febern (Fiebern),
und denen auch so von der scharpffen (scharfen) hitzigen Gallen ihren Ursprung
haben, vertreibt das Keichen (Keuchen) und schwerlich Äthmen, stillet die Flüß
des Haupts und aller anderer Glieder, und sonderlich die so in die Augen, in
Halß, zu den Mandeln, zu der Brust, auff die Lungen und in den Magen fallen,
vertreibt die Geelsucht (Gelbsucht/Hepatitis A) und Wassersucht, reyniget und
säubert die Därm und alles Eingeweydt und stercket dieselbigen, vertreibet das
Kriemen, Leibwehe und Därmgegicht, leschet den unersättlichen Durst, kommet zu
Hülff den Gliedsüchtigen und denen so ohn Underlaß mit schmertzlichen Podagra
beladen sind. Eusserlich stercket er die erlahmten, contrakten Glieder und
stercket die Gelenk und Neruen. Vertreibt Reude, Grindt, Zitterschen und alle andere
Vereynigkeiten der Haut“
Die Quelle, die über 400 Jahre eine
wichtige und heilsame Wasserversorgung darstellte, verlor jedoch im ersten
Drittel des 18. Jahrhunderts ihre Qualität und wurde letztendlich 1768, nachdem
das Wasser bereits 1728 als ungenießbar bezeichnet wurde, auf Anordnung des Stadtmagistrats zugeworfen. Ersatzweise wurde in
harter Fronarbeit eine neue Quellfassung gegraben. Hofrat Linz schreibt in
seiner Amtsbeschreibung von 1796:
„„Der
Sauerbrunnen dient der mit schlechtem süßem Wasser versehenen ganzen Stadt zum gewöhnlichen
Trunk und reicht auch hinlänglich dazu aus, leidet aber das Verstopfen nicht
und also auch nicht das weitere Verschicke, sondern es heißt, daß solche Eigenschaft
sich bei der ehemaligen neuen Fassung verlohren habe.“
Die neue Quellfassung, die man den „kleinen
Sauerbrunen“ nannte, spendete schon bald nach 1728 frisches Wasser und wurde
1747 für rd. 223 Rtlr. instandgesetzt. Aufgrund eines „Amtsbefehls“ erfolgte
1751 ein weiterer Ausbau und Reparaturen an „beiden Röhren“. Die erneuten Kosten in Höhe von 350 Rtlr. sollten,
nachdem 1747 die Stadt ein Darlehen aufgenommen hatte, nunmehr durch eine
Bürgerumlage gedeckt werden. Die Bürger der betroffenen „Nachbarschaften“
legten Widerspruch ein und es kam letztendlich sogar zu einer Klage gegen die
Stadt und zum Prozess. Nachdem die Bürger in erster Instanz ein Urteil zu ihren
Gunsten erstreiten konnten, hatte die Berufung des Stadtrates jedoch
letztendlich Erfolg. Mit Urteil vom 3.September 1760 entschied das
kurfürstliche Hofgericht, auf Grund eines kurfürstlichen Hofdekrets vom 14.
Oktober 1751, dass die Kosten „durch eine
gemeinsame Kollekte“ [auf die Bürger / Anlieger] umzulegen sind.
Nachdem 1779/80 alle Arbeiten für die neue Fassung der
„Sauerquelle“ abgeschlossen waren, wurden die Bürger nun für viele Jahre mit
gutem Mineralwasser versorgt.
Für 1818 liegt eine Analyse mit folgenden Resultaten
vor (1 Gran =
62,5 mg):
In 16
Unzen Wasser (etwa 500 ml)
a)
Kohlensaures Eisen 0,01 Gran
b)
Kohlensaure Kalkerde 2,03
Gran
c)
Bittererde 0,47
Gran
d)
Salzsauren Kalk, kohlensaures Natron und Extractivstoff
0,73
Gran
Eine aktuelle Analyse gibt für 1 Liter folgende Werte
an:
a)
Kohlensäure 2.400 mg
b)
Calcium 328 mg
c)
Magnesium 52 mg
d)
Natrium 46 mg
e)
Eisen 6, 15 mg
f) Mangan 3,45 mg
Diese Analyse von 1818 hatte um 1831 wohl noch
Gültigkeit, wird sie doch in einer Beschreibung des Herzogtums Nassau
abgedruckt und die Quelle als „Mineralwasser“ bezeichnet.
Aus dem Kreisblatt für den Unterwesterwald vom 22.Juli
1891 erfahren wir, dass ein Gewölbe auf Straßenniveau angelegt wird. Außerdem
wurde ein Pumpwerk in ein Brunnenhäuschen eingebaut. Gleichwohl musste bereits
zwei Jahre später eine größere Reparatur an der Anlage durchgeführt werden.
Danach, so ist der Zeitung zu entnehmen, befindet sich der Brunnen wieder in
sehr gutem Zustande. Das Wasser wird als „crystallhell mit einem vorzüglichen Geschmack“ beschrieben.
Jahre nach dem ersten Weltkrieg, mit Amtsübernahme von
Bürgermeister Heinrich Roth als Bürgermeister der Stadt, entstehen Überlegungen,
den Sauerbrunnen auch touristisch nutzbar zu machen. Am 23. Mai 1930 wird in
der Stadtverordnetenversammlung außer einer notwendigen Instandsetzung der
Brunnenanlage auch beschlossen, ein Brunnenhaus im Gebück zu errichten. Im Zuge
von Straßenbauarbeiten an der Quelle wurde auch eine Leitung in Richtung Gebück
verlegt. Das Gebück sollte auch gärtnerisch neu angelegt werden, um so einen
Ruhe- und Erholungsraum für Bürger und Touristen zu schaffen. Ein Jahr später
mietete die Stadt einen unter der Aula des ehemaligen Lehrerseminars
gelegenen Raum, der zu einer Brunnenhalle ausgebaut werden sollte.
Konkretisiert wurden die Planungen der Stadt in der
Stadtverordnetenversammlung vom 16. August 1932. Sie beschließt, „im
Interesse des Fremdenverkehrs“ in
dem angemieteten Raum unter der Aula eine Wandel- und Trinkhalle einzurichten
ist.
Acht Monate später, rechtzeitig vor Beginn der
Sommersaison konnte Vollzug gemeldet werden. Mit einer Bekanntmachung in der
Westerwälder Volkszeitung vom 7. Mai 1933 verkündet die Stadtverwaltung
„Die neuerrichtete Wandelhalle
im Anbau des Seminargebäudes in den Anlagen im Gebück wird am Sonntag, den 7. Mai 1933 zur
Benutzung freigegeben. Die Wandelhalle ist mit einer Brunnenanlage
(Sauerbrunnen), Ruhebänken, Zierpflanzen usw. versehen.
Vermutlich durch die allgemein reduzierten
Verhältnisse während des Krieges wurde die neue Brunnenanlage nicht mehr
hinreichend gewartet und unterhalten, sodass die Quelle gegen Endes des Krieges
versiegte.
Die Quelle mit dem Brunnenhäuschen im Sauertal geriet
in Vergessenheit, die Wandelhalle im Gebück verschwand mit dem ehemaligen
Lehrerseminar, das Anfang der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts abgerissen
wurde, um einem modernen Bürogebäude Platz zu schaffen. Manche Zeitzeugen erinnern
sich noch an die bloßen, nicht mehr im Gebrauch befindlichen Anlagen im
Sauertal, wie auch an die Wandel- und Trinkhalle im Gebück.
Als im Jahre 1979 Fritz Schwind aus Eschelbach in den
Stadtrat gewählt wurde inspirierte ihn seine Mutter, die sich noch an diese
Zeit erinnerte, das Thema um den Sauerbrunnen noch einmal auf die Tagesordnung
zu bringen.
Durch die CDU-Fraktion wurde ein Antrag eingebracht,
wonach der ehemalige Sauerbrunnen durch eine Bohrung wieder erschlossen werden
soll. Die rd. 60.000 DM (ca. 30.680 EUR) teure Bohrung war erfolgreich und es
konnte eine trinkbare gute Qualität bescheinigt werden. Daraufhin entschloss
sich der Stadtrat, im Zuge der Umgestaltung der Kirchstraße und großem Markt
zur Fußgängerzone, eine Versorgungsleitung bis zum alten Rathaus am großen
Markt zu legen. Am 10. Juni 1989 konnte der neue Laufbrunnen am alten Rathaus
in Betrieb genommen werden und die Westerwälder Zeitung vom 12. Juni 1989
titelte: „Aus dem Löwenmaul rinnt
traditionsreiches Wasser“. Seit dieser Zeit läuft in den Sommermonaten der
Sauerbrunnen und wird von Bürgern und Touristen (wieder) gerne für eine
Erfrischung genutzt.
Eine erneue Initiative (2017) von Fritz Schwind
(Eschelbach) als Mitglied des „Historischen
Stammtischs“ zielt darauf, dem außergewöhnliche Angebot, das der Stadt hier
zur Verfügung steht, zukünftig mehr Attraktivität zu verleihen.
So könnte z.B. neben einer informativeren Hinweistafel
„die Stadt {...} jedes Jahr ein mit
Stadtwappen und Jahreszahl versehenes Brunnenglas/Flasche herausgeben werden, das käuflich erworben
werden kann.“
Ein in ein historische Kostüm gekleideter Markt-Krämer
könnte den Verkauf übernehmen und damit eine weitere Attraktivität, neben den
Schuhobjekten, in der Innenstadt bieten.
Ein weiterer Vorschlag bringt noch einmal das Gebück
ins Blickfeld, mit der Überlegung, dort wieder einen Pavillon/Trinkhalle zu
errichten. Dort, in der abgeschiedenen Stille, im Schatten der Kirche und dem
Ensemble der Fuhrmannskapelle, abseits der urbanen Unruhe, finden Bürgern und
Touristen einen erfrischenden Trunk aus dem Montabaurer Sauerbrunnen.
Vielleicht das eine tun und das andere nicht lassen?
Bernd Schrupp, 02/2017
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