Geheime Gänge, geschwätzige Vikare und ein
vergifteter Kurfürst
Beim Erlebnis-Rundgang Fachwerk gibt´s
Montabaurer Stadtgeschichte(n) auf die Ohren: QR-Code scannen und lauschen
Montabaur steckt
voller Geschichte(n). Wenn doch die historischen Häuser erzählen könnten, was
sie schon alles gesehen haben… Jetzt tun sie genau das. Neun Gebäude in der
Innenstadt laden ein zum „Erlebnis-Rundgang Fachwerk“. Wer die QR-Codes an den
Fassaden per Handy scannt, bekommt spannendende Storys auf die Ohren. Damit der
Spaziergang auch für den Familien- oder Klassenausflug taugt, gibt es neben dem
Text für Erwachsene auch eine Version für Kinder.
Konzept und Umsetzung wurden gefördert durch das
Landesprojekt KuLaDig-RLP (Digitale Erfassung und Präsentation von
Kulturlandschaften in Rheinland-Pfalz). Dessen Ziel ist, in ausgewählten
Modellkommunen Objekte zu erfassen, sichtbar zu machen und sie multimedial möglichst
vielen Menschen zugänglich zu machen. Montabaur hat sich erfolgreich mit seinem
Markenzeichen Fachwerk beworben und profitiert nun von finanziellen Zuschüssen
und wissenschaftlicher Beratung durch die Universität Koblenz-Landau. Ein
großer Erfolg ist, dass die Stadt inzwischen zur deutschen Fachwerkstraße gehört.
Stadtbürgermeisterin Gabi Wieland konnte den
Erlebnis-Rundgang nun rechtzeitig zur Sommersaison eröffnen. „Unser
touristisches Angebot wird auf eine neue Weise bereichert“, freut sie sich.
„Wer wissen möchte, wie es früher in Montabaur zuging, muss nicht unbedingt
eine Führung buchen, sondern kann jederzeit losziehen und in vergangene Jahrhunderte
eintauchen. Das ist nicht nur für auswärtige Gäste interessant, sondern gewiss auch
für die Einheimischen.“
Die ausgewählten Fachwerkhäuser tragen Plaketten mit ihrem
Namen und ihrer Adresse, dem Stadtwappen und QR-Codes, hinter denen die
Geschichten warten. Sie sind das Ergebnis eines Teamworks: Input lieferten
Bernd Schrupp, ehemals Mitarbeiter des Stadtarchivs mit geschichtlichen Fakten
und Ingeborg Schevior, Krimiautorin aus Welschneudorf, die amüsante Anekdoten
hinter den Tatsachen beigetragen hat. Eine Gruppe Studierender um Fiona Stolle der
Universität Koblenz-Landau aus dem Fachbereich Kulturwissenschaften
recherchierten ebenfalls zu den Details der Häuser und ergänzten das
Fachwerk-Projekt durch Tonaufnahmen und Videoclips.
Die Journalistin Jutta Klöckner hat die
Texte für große und kleine Zuhörer*innen geschrieben. Die Erwachsenen dürfen
der Stimme von Sprecher Thomas Marz lauschen. Für das junge Publikum kommt das
Hörvergnügen aus Kindermund: 7 Mädchen im Grundschulalter lesen ernst- und
gewissenhaft vor.
Vor historischer Kulisse lebt das alte Montabaur wieder auf:
Vom Peterstor her strömen Pilger, Händler, Bauern, Kauf- und Schaulustige in
die Stadt. Fuhrwerke voller Waren holpern die Kirchstraße hinunter zu den
Märkten, wo ein unglaublicher Lärm die Nerven der Anwohner strapaziert: Pferde
wiehern, Schweine grunzen, Schafe blöken, Hühner gackern – und Menschen
feilschen lautstark um den günstigsten Preis.
Aber auch hinter den Mauern geht es lebhaft und nicht immer
beschaulich zu. Mord- und Totschlag in der Familie führen zur Teilung eines
Hauses. Junge Männer werden im Gasthof besinnungslos betrunken gemacht und
wachen als zwangsrekrutierte Soldaten auf. Aus Kellern heraus gräbt man unterirdische
Gänge, um bei kriegerischen Belagerungen aus der Stadt fliehen zu können. Die
Vikare der Pfarrkirche, die auch die Jugend unterrichten, sind kein Vorbild,
sondern laufen herum und stören die Messen mit ihrem Geschwätz.
Und dann gibt es Gerüchte: Stimmt es, dass der Heilige Rock
Jesu während der Französischen Revolution in der Wand eines Montabaurer
Fachwerkhauses versteckt ist, bevor er schließlich sicher im Trierer Dom
verwahrt wird? Und was ist mit Richard
von Greifenklau geschehen, seines Zeichens Erzbischof und Kurfürst? Angeblich
erkrankt er nach einem kalten Trunk aus einer Westerwälder Quelle. Wenige
Monate später ist er tot...
Und das sind die neun Stationen des Rundgangs, die auch in
KulaDig zu finden sind:
- Judengasse
Nr. 20 – „Alte Kellerei“
- Großer
Markt 16/18 Haus Melchior
- Kirchstraße
16 „Freiherr vom Stein Haus“
- Kirchstraße
18, „Hotel Schlemmer“ – Gasthaus zur Goldenen Krone, Victor’s Restaurant
- Kirchstraße
Nr. 48 Ecke Obere Plötzgasse
- Kirchstraße
58 „Mädchenschule“
- Fachwerkgebäudekomplex
„Fuhrmannskapelle“ „Präsenzhaus, Vikarie, St. Anna-Kapelle“
- Werbhausgasse
Nr.1 „Gasthaus zum heiligen Geist“
Einen Flyer dazu gibt es in der Tourist-Information am
Großen Markt neben dem Alten Rathaus.
Öffnungszeiten:
Montag-Freitag von 09:00 Uhr bis 16:00 Uhr,
Samstag von 10:00 Uhr bis 15:00 Uhr
Das Projekt wurde mit 1.000 € Anschubfinanzierung durch das
Ministerium des Inneren und für Sport unterstützt.
Information zu diesem und
allen bisherigen Objekten findet man auf dem Informationsportal „KuLaDig -
Kultur.Landschaft.Digital“ www.kuladig.de und auf https://kuladigrlp.net

Die Projektgruppe
trifft sich am Kleinen Markt 13 (v.l.n.r.): Bernd Schrupp,
Stadtbürgermeisterin Gabi Wieland, Ingeborg Schewior, Nora Weber, Karin
Maas, Thomas Becker, Florian Weber (Foto: Stadt Montabaur)

Testet und hört die Kinderfassung: Nora Weber (Foto: Stadt Montabaur)
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