... darunter auch viele Nachfahren ehemaliger jüdischer Bürger, die dem Holocaust zum Opfer gefallen sind. Die Bürgerhalle des alten Rathauses war bis auf den letzten
Platz belegt, viele Menschen standen im Eingangsbereich, auf den Treppen und
draußen auf dem Großen Markt. Das Interesse der Montabaurer Bürger an dem
Jüdischen Mahnmal war sehr groß, wie auch Stadtbürgermeister Klaus Mies in
seinem Grußwort beeindruckt feststellte. Er begrüßte zunächst die Ehrengäste
des Tages: Auf Einladung der Stadt waren rund 40 Gäste aus Israel, den USA,
Großbritannien, Frankreich und Deutschland angereist, um an der Einweihung des
Jüdischen Mahnmals teilzunehmen. Sie alle sind Nachfahren der vom Holocaust
betroffenen jüdischen Bürger der Stadt. Weiterhin hieß er die politischen
Vertreter, Mitglieder des Stadtrats, Josef-Otto Schneider als Ehrenbürger, die
Festredner, den Bildhauer Hans-Bernhard Olleck sowie den MGV
Mendelssohn-Bartholdy und die Bläserklassen der Anne-Frank-Realschule plus
willkommen, die für den musikalischen Rahmen der Feierstunde sorgten. In seinem
Grußwort erinnerte der Stadtbürgermeister an die Ereignisse der
Reichspogromnacht 1939: „Die in Montabaur lebenden Juden wurden vor das Rathaus
getrieben und von hier aus in das Sammellager Kirchähr gebracht.“ Die Reichspogromnacht
jährte sich am 9. November zu 75. Mal; deshalb wurde der Termin für die
Einweihung des Jüdischen Mahnmals bewusst auf den 10. November gelegt. Bewusst hatte sich der Stadtrat auch für den Standort
direkt vor dem Rathaus entschieden, denn hier war der Sammelpunkt, an dem die
jüdischen Bürger zusammengetrieben und abtransportiert wurden. „Damit solches
Unrecht in Zukunft nicht wieder geschieht, setzen wir heute mit diesem Mahnmal
ein „Zeichen gegen das Vergessen“, schloss Klaus Mies.
Der Heimatforscher Dr. Hermann-Josef-Roth, Sohn des von den Nationalsozialisten abgesetzten Bürgermeisters Heinrich Roth, ließ die Geschichte des Judentums im Rheinland vom Mittelalter an Revue passieren und ging dabei immer wieder auf das Zusammenleben von Juden und Christen ein. Die Juden hatten andere Bräuche, eine andere Sprache und waren immer sehr gebildet: „Anders sein und Erfolg haben – das nährte schon immer unterschwellig Neid und Hass“. Deshalb erfüllten das Mahnmal und die Feierstunde erst dann ihren Sinn, „wenn wir nicht mehr Fremdes radikal ausgrenzen, nicht mehr Erfolge neiden, nicht mehr gute Absichten verleumden“, so Roth. Bewegende und sehr persönliche Worte fand Gerald Stern, dessen Vater Alfred Stern mit einem Kindertransport nach England gebracht wurde und so als Einziger der Familie den Holocaust überlebte. Stern, der mit seiner Frau und seinen Kindern in England lebt, schilderte, wie er 1999 erstmals mit seiner Familie nach Montabaur kam. „Damals waren keine Zeichen zu finden vom ehemals blühenden jüdischen Leben in dieser Stadt. Das hat uns sehr traurig gemacht.“ Seither hat sich Gerald Stern für ein jüdisches Denkmal in Montabaur engagiert und in dem ehemaligen Stadtrat Paul Widner einen zähen Mitstreiter gefunden. Auch für die Verlegung der Stolpersteine hatten sich beide gemeinsam stark gemacht. „Ich bin der Stadt Montabaur sehr dankbar, dass sie dieses Mahnmal hier an diesem Ort aufgestellt hat. Nun hat meine Familie auch einen Ort, wo sie trauern kann.“ Als Zeichen der Dankbarkeit überreichte er Stadtbürgermeister eine gerahmte Widmung der Gedenkstätte Haus der Wannsee-Konferenz, in der das Engagement der Stadt Montabaur gewürdigt wird. Anschließend erhielt Rabbiner Bernhard Koschland das Wort. Bevor er das jüdische Trauergebet Kaddisch sprach, forderte er die Anwesenden auf, sich immer gegen das Vergessen einzusetzen: „Man muss immer etwas dafür tun, damit die Erinnerung wach bleibt. Das Nicht-Vergessen erfordert es, aktiv zu sein.“ Da viele der Gäste aus dem englischsprachigen Ausland angereist waren, übersetzte Mike Clarke, Lehrer am Mons-Tabor-Gymnasium, viele der Redebeiträge ins Englische.
Nach den Ansprachen gingen alle gemeinsam vor das Rathaus, wo Stadtbürgermeister Klaus Mies und Gerald Stern das Mahnmal enthüllten. Der Künstler Hans-Bernhard Olleck erläuterte sein Werk und seine Intentionen, die ihn beim Entwurf des Mahnmals geleitet haben.
Die Vorgeschichte des Jüdischen Mahnmals sowie die
ausführlichen Erläuterungen des Künstlers wurden im Wochenblatt schon mehrfach
dargestellt. Wer Interesse hat, kann alles noch einmal im Pressearchiv nachlesen.
Stadtbürgermeister Klaus Mies (l.) mit Übersetzer Mike
Clarke.
Der Heimatforscher Dr. Hermann Josef Roth (l.) referierte
über die Geschichte des Judentums im Westerwald. Die persönliche Ansprache von Gerald Stern bewegte die Zuhörer. Seine Kusine Roxanna Nocker übersetzte ins Deutsche. Hier können Sie die vollständige Rede nachlesen: Ansprache von Gerald Stern
Rabbiner Bernhard Koschland sprach das Kaddisch, das
jüdische Trauergebet. Gemeinsam enthüllten Klaus Mies (l.) und Gerald Stern das Jüdische Mahnmal vor dem Rathaus der Stadt.
Der Bildhauer Hans-Bernhard Olleck erläuterte sein Konzept für das Jüdische Mahnmal.
Gerald Stern (r.) überreichte eine Grußbotschaft an Klaus Mies.
Der feierliche Rahmen wurde durch die Musik der
Bläserklassen der Anne-Frank-Realschule plus unterstrichen. Mit Werken des jüdischen Komponisten verneigte sich der
Männergesangsverein Mendessohn-Bartholdy vor seinem Namensgeber. Die Bürgerhalle im Rathaus war zu klein für das große
Interesse der Bevölkerung. Deshalb verfolgten viele auf dem Großen Markt die Ansprachen,
die nach draußen übertragen wurden.
Empfang der Gäste am Samstag, den 9. November 2013 Enthüllungsfeier am 10. November 2013 Sehen Sie hier den Film von der Errichtung des Mahnmals durch Hans-Bernhard Olleck: Jüdisches Mahnmal der Stadt Montabaur sowie weitere Hintergrundinformationen | Kontakt
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