Joseph-Kehrein-Denkmal

Kehrein, Joseph, Pädagoge, Historiker;
* 1808, + 1876 in Montabaur; katholisch, 1855 Direktor des Lehrerseminars in Montabaur, zugleich Direktor der Realschule, 1872 Ehrenbürger der Stadt Montabaur, Denkmal am  Alois-Jäger-Platz.

Die einzige noch verbliebene klassische Denkmalsbüste im Stadtgebiet stellt Joseph Kehrein dar. Es wurde erstmals 1901 zu Ehren des Pädagogen, Sprachforschers und Literaturhistoriker Joseph Kehrein enthüllt. In einem Zeitungsartikel wird dazu geschrieben: „Als im Sommer 1901 dieses Denkmal erstmalig erstellt und im September des gleichen Jahres eingeweiht wurde, geschah dies durch ehemalige Schüler {...} die damit der Verehrung und Liebe sichtbaren Ausdruck geben wollten, die sie zu ihrem 1876 verstorbenen Lehrer und Seminardirektor noch immer im Herzen trugen“.



Joseph-Kehrein-Denkmal

Die Bronzebüste fiel der allgemeinen Rohstoffsammlung während des ersten Weltkrieges zum Opfer.

Im September 1918, noch während des Krieges der am 18.11.1918 endete, zeichnete sich bereits die Bereitschaft  der Stadt ab, das Denkmal neu zu errichten. Am 21.September 1918 berichtete das Kreisblatt für den Unterwesterwald: „Der Bürgermeister [...] machte ferner Mitteilung, daß die Stadtverwaltung beabsichtige, das Kehrein-Denkmal später zu ersetzen, sei es  in Eisenguß oder Stein“.  Im Protokoll der nachfolgenden Sitzung des Magistrats vom 26. September 1918 wurde unter dem TOP 2 beschlossen: „Die Abformung der Kehrein-Büste Wiederausführung in Muschelkalksandstein soll dem Bildhauer Kurt Tamm übertragen werden.“ Diese Magistratsvorlage fand sich danach als Punkt 4 der Tagesordnung – „Ersatzbeschaffung für das beschlagnahmte Kehrein-Denkmal“ – für die Sitzung der Stadtverordneten am 16. Oktober 1918 wieder.

Offensichtlich ist es dann doch zu keiner Entscheidung für die Wiederbeschaffung gekommen, da weder die Protokolle noch die Tageszeitung über eine Ersatzbeschaffung noch einmal berichteten.

Aus einer Kurznotiz in der Westerwälder Volkszeitung vom 16. September 1937, die mit „25 Jahre Kehrein-Denkmal“ überschrieben ist, wurde jedoch nur auf die Ersterrichtung im Jahre 1901 eingegangen; eine spätere Wiedererrichtung ist dort nicht erwähnt. Allerdings waren 1937 bereits 36 Jahre seit der Ersterrichtung vergangen.

Nachdem sich die Verhältnisse nach dem 2. Weltkrieg wieder etwas stabilisiert hatten und der normale Alltag wieder zunehmend das Leben der Menschen bestimmte, erinnerte man sich Anfang der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts wieder an die Wiederaufstellung. In der Sitzung des Stadtrats vom 24. April 1952 wurde durch Bürgermeister Kraulich vorgeschlagen: „[...] die Büste durch das Frl. Franziska Gerharz in Ransbach in Keramik fertigen zu lassen. Kostenbeitrag 400 bis 500 D.M.[...] Die Büste in Bronze fertigen zu lassen, ist aus finanziellen Gründen nicht durchführbar.“

Es brauchte dann doch noch einmal ein ganzes Jahr, bevor die Absicht konkretisiert wurde. Zwischenzeitlich hatte sich aber die Absicht der Ausführung in Keramik zerschlagen und es sollte eine Montabaurer Firma die Büste nunmehr im Metallguss fertigen. Aber auch diese Absicht konnte nicht ausgeführt werden, da es offensichtlich an der Standfestigkeit des Sockels haperte und die bereits geplante Enthüllungsfeier abgesagt werden musste. Stattdessen wurde erneut eine neue Firma mit der Herstellung beauftragt. Den Zuschlag erhielt nunmehr die Württembergische Metallwarenfabrik, die die Büste in „Kupferniederschlag patiniert“, zum Preis von 1.240 DM fertigen konnte. Am Sonntag, den 19. Juli 1953 wurde in einem feierliche Akt das wiedererrichtete Denkmal enthüllt.

Eine in unmittelbarer Nachbarschaft liegende Schule hatte im Jahr zuvor den Namen „Joseph-Kehrein-Schule“ erhalten. Außerdem wurde die Straße dort nach ihm benannt.

Joseph-Kehrein ist am 25. März im Alter von 76 Jahren in Montabaur verstorben und in einem Ehrengrab auf dem städtischen Friedhof bestattet.

Eine bisher wenig bekannte Begebenheit ist noch von Interesse: Kehrein studierte im Sommersemester 1834 an der großherzoglichen Ludwigsuniversität (heute Justus-Liebig-Universität)  in Gießen Philologie. Er hatte sich dazu im Oktober 1831 immatrikuliert und schloss dort das Studium im März 1835 mit dem philologischen Staatsexamen ab. Kehrein wohnte im Hause des großherzoglich hessischen Rentamtmanns Georg Ludwig Bott, im Seltersweg in Gießen.

Ein Haus- und Studienkollege war Georg Büchner, der seit Oktober 1833 mit dem Studienfach Medizin an der Universität eingeschrieben war. Büchner, der heute als einer der bedeutenden Literaten des Vormärz gilt, stand zu dieser Zeit als „Revolutionär“  unter Polizeiaufsicht und es existierte ein Haftbefehl. Am 3. August 1834 sollte die Verhaftung erfolgen. Da jedoch das ganze Haus zur Nachtzeit verschlossen war und der Zugriff  nur mit Geräuschentwicklung einhergehen würde, haben die Vollzugsbeamten das Haus zunächst nur beobachtet, um im Morgengrauen, gegen 5 Uhr „sobald es darin lebendig werde“ den Zugriff auszuführen. Als der Universitätsrichter Conrad Georgi vor Ort war, traf am Hauseingang den Hausknecht an, den sie aufforderten die Beamten zu Büchner zu führen. Der Hausknecht teilte jedoch mit, dass Büchner bereits seit den Abendstunden des 2. August verschwunden sei. In seiner Stube fand man ein unberührtes Frühstück und beschlagnahmte diverse Dokumente. Die Vernehmung des Hausbesitzers Bott ergab: „ [er hätte] sehr häufig Reisen unternommen, eine starke Correspondenz geführt [...] wenig Umgang und auch nur mit solchen Studierenden geführt, die bekannter Maßen republicanischen Gesinnungen huldigen [...].“ Soweit der Bericht des Universitätsrichters Georgi an das Ministerium des Innern und der Justiz.

Die Dialoge, die  Kehrein, der nach heutigen Maßstäben als erzkonservativer, strenger Katholik eingeordnet würde, mit dem „republikanischen Revolutionär“ Büchner geführt haben mag, sind leider nicht überliefert. Büchner aber war die Flucht vermutlich nach Frankfurt gelungen, worauf der Universitätsrichter „soeben dem Polizeyamt daselbst Signalement und tatsächlichen [Sach]Verhalt mit dem Ersuchen mitgetheilt, nachzuspüren, zu durchsuchen und Alles zu verhaften, was verdächtig sey.“

Bernd Schrupp 02/2018






Literatur:

Ackva, Wolfgang, „Joseph Kehrein Ehrenbürger von Montabaur 200. Geburtstag“ in: Jahrbuch des Westerwaldkreises „Wäller Heimat“, Jg. 2009

Adressbuch von Gießen, Jhg.  1840 / 1841

Georgi, Conrad, „Bericht an das Ministerium des Innern [...] Darmstadt vom 04. August 1834, in: http://buecerportal.de(leben/personen/konradf-georgi

Kehrein, Dr. Valentin, „Joseph-Kehrein – der Germanist und Pädagoge“, Verlag Heinrich Schöningh, Münster 1901

Kreisblatt für den Unterwesterwald, Jhg. 1901, 1918,

Schrupp, Bernd, „Joseph Kehrein – 3. Ehrenbürger 1874“. Unveröffentlichtes Manuskript „Die Ehrenbürger der Stadt Montabaur“, Montabaur 2015

Stadtratsprotokolle,  Stadtarchiv Montabaur, Abt. 4 und 5

Universitätsarchiv der Justus-Liebig-Universität, Gießen; „Verzeichnis der Studierenden auf der Großherzogl. Hessischen Landes-Universität zu Gießen, Sommer-Semerster 18354“

Westerwälder Zeitung Jhg.  1973, 1953


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