Die Bronzebüste fiel der allgemeinen Rohstoffsammlung
während des ersten Weltkrieges zum Opfer.
Im September 1918, noch während des Krieges der am
18.11.1918 endete, zeichnete sich bereits die Bereitschaft der Stadt ab, das Denkmal neu zu errichten. Am
21.September 1918 berichtete das Kreisblatt für den Unterwesterwald: „Der
Bürgermeister [...] machte ferner Mitteilung, daß die Stadtverwaltung
beabsichtige, das Kehrein-Denkmal später zu ersetzen, sei es in Eisenguß oder Stein“. Im Protokoll der nachfolgenden Sitzung des
Magistrats vom 26. September 1918 wurde unter dem TOP 2 beschlossen: „Die
Abformung der Kehrein-Büste Wiederausführung in Muschelkalksandstein soll dem
Bildhauer Kurt Tamm übertragen werden.“ Diese
Magistratsvorlage fand sich danach als Punkt 4 der Tagesordnung – „Ersatzbeschaffung
für das beschlagnahmte Kehrein-Denkmal“ – für die Sitzung der Stadtverordneten
am 16. Oktober 1918 wieder.
Offensichtlich ist es dann doch zu keiner Entscheidung für
die Wiederbeschaffung gekommen, da weder die Protokolle noch die Tageszeitung
über eine Ersatzbeschaffung noch einmal berichteten.
Aus einer Kurznotiz in der Westerwälder Volkszeitung vom 16.
September 1937, die mit „25 Jahre Kehrein-Denkmal“ überschrieben ist, wurde
jedoch nur auf die Ersterrichtung im
Jahre 1901 eingegangen; eine spätere Wiedererrichtung ist dort nicht erwähnt.
Allerdings waren 1937 bereits 36 Jahre seit der Ersterrichtung vergangen.
Nachdem sich die Verhältnisse nach dem 2. Weltkrieg wieder
etwas stabilisiert hatten und der normale Alltag wieder zunehmend das Leben der
Menschen bestimmte, erinnerte man sich Anfang
der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts wieder an die Wiederaufstellung.
In der Sitzung des Stadtrats vom 24. April 1952 wurde durch Bürgermeister Kraulich
vorgeschlagen: „[...] die Büste durch das Frl. Franziska Gerharz in Ransbach in
Keramik fertigen zu lassen. Kostenbeitrag 400 bis 500 D.M.[...] Die Büste in
Bronze fertigen zu lassen, ist aus finanziellen Gründen nicht durchführbar.“
Es brauchte dann doch noch einmal ein ganzes Jahr, bevor die
Absicht konkretisiert wurde. Zwischenzeitlich hatte sich aber die Absicht der
Ausführung in Keramik zerschlagen und es sollte eine Montabaurer Firma die
Büste nunmehr im Metallguss fertigen. Aber auch diese Absicht konnte nicht
ausgeführt werden, da es offensichtlich an der Standfestigkeit des Sockels
haperte und die bereits geplante Enthüllungsfeier abgesagt werden musste. Stattdessen
wurde erneut eine neue Firma mit der Herstellung beauftragt. Den Zuschlag erhielt
nunmehr die Württembergische Metallwarenfabrik, die die Büste
in „Kupferniederschlag patiniert“, zum Preis von 1.240 DM fertigen konnte. Am
Sonntag, den 19. Juli 1953 wurde in einem feierliche Akt das wiedererrichtete
Denkmal enthüllt.
Eine in unmittelbarer Nachbarschaft liegende Schule hatte im
Jahr zuvor den Namen „Joseph-Kehrein-Schule“ erhalten. Außerdem wurde die Straße
dort nach ihm benannt.
Joseph-Kehrein ist am 25. März im Alter von 76 Jahren in
Montabaur verstorben und in einem Ehrengrab auf dem städtischen Friedhof
bestattet.
Eine bisher wenig bekannte Begebenheit ist noch von
Interesse: Kehrein studierte im Sommersemester 1834 an der
großherzoglichen Ludwigsuniversität (heute Justus-Liebig-Universität) in Gießen Philologie. Er hatte sich dazu im Oktober
1831 immatrikuliert und schloss dort das Studium im März 1835 mit dem philologischen
Staatsexamen ab. Kehrein wohnte im Hause des großherzoglich hessischen
Rentamtmanns Georg Ludwig Bott, im Seltersweg in Gießen.
Ein Haus- und Studienkollege war Georg Büchner, der seit
Oktober 1833 mit dem Studienfach Medizin an der Universität eingeschrieben war. Büchner, der heute als einer der bedeutenden Literaten des
Vormärz gilt, stand zu dieser
Zeit als „Revolutionär“ unter
Polizeiaufsicht und es existierte ein Haftbefehl. Am 3. August 1834 sollte die Verhaftung erfolgen. Da jedoch
das ganze Haus zur Nachtzeit verschlossen war und der Zugriff nur mit Geräuschentwicklung einhergehen
würde, haben die Vollzugsbeamten das Haus zunächst nur beobachtet, um im
Morgengrauen, gegen 5 Uhr „sobald es darin lebendig werde“ den Zugriff
auszuführen. Als der Universitätsrichter Conrad Georgi vor Ort war, traf am
Hauseingang den Hausknecht an, den sie aufforderten die Beamten zu Büchner zu
führen. Der Hausknecht teilte jedoch mit, dass Büchner bereits seit den
Abendstunden des 2. August verschwunden sei. In seiner Stube fand man ein
unberührtes Frühstück und beschlagnahmte diverse Dokumente. Die Vernehmung des
Hausbesitzers Bott ergab: „ [er hätte] sehr häufig Reisen unternommen, eine
starke Correspondenz geführt [...] wenig Umgang und auch nur mit solchen
Studierenden geführt, die bekannter Maßen republicanischen Gesinnungen huldigen
[...].“ Soweit der Bericht des Universitätsrichters Georgi an das Ministerium
des Innern und der Justiz.
Die Dialoge, die
Kehrein, der nach heutigen Maßstäben als erzkonservativer, strenger
Katholik eingeordnet würde, mit dem „republikanischen Revolutionär“ Büchner
geführt haben mag, sind leider nicht überliefert. Büchner aber war die Flucht vermutlich nach Frankfurt
gelungen, worauf der Universitätsrichter „soeben dem Polizeyamt daselbst Signalement und
tatsächlichen [Sach]Verhalt mit dem Ersuchen mitgetheilt, nachzuspüren, zu
durchsuchen und Alles zu verhaften, was verdächtig sey.“
Bernd Schrupp 02/2018
Literatur:
Ackva, Wolfgang, „Joseph Kehrein Ehrenbürger von Montabaur
200. Geburtstag“ in: Jahrbuch des Westerwaldkreises „Wäller Heimat“, Jg. 2009
Adressbuch von Gießen, Jhg.
1840 / 1841
Georgi, Conrad, „Bericht an das Ministerium des Innern [...]
Darmstadt vom 04. August 1834, in: http://buecerportal.de(leben/personen/konradf-georgi
Kehrein, Dr. Valentin, „Joseph-Kehrein – der Germanist und
Pädagoge“, Verlag Heinrich Schöningh, Münster 1901
Kreisblatt für den Unterwesterwald, Jhg. 1901, 1918,
Schrupp, Bernd, „Joseph Kehrein – 3. Ehrenbürger 1874“.
Unveröffentlichtes Manuskript „Die Ehrenbürger der Stadt Montabaur“, Montabaur
2015
Stadtratsprotokolle, Stadtarchiv Montabaur, Abt. 4 und 5
Universitätsarchiv der Justus-Liebig-Universität, Gießen;
„Verzeichnis der Studierenden auf der Großherzogl. Hessischen
Landes-Universität zu Gießen, Sommer-Semerster 18354“
Westerwälder Zeitung Jhg. 1973, 1953
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